Flensburg 08, Schleswig 06, Rasensport Schleswig, gegen Kilia, Borussia, VfB, Comet Kiel, gegen Ellerbek, Rendsburg, Bordesholm und wie die Gegner alle hießen. Was waren das für Fußballfeste, wenn Ostern oder Pfingsten Holstein Kiel oder Boldklubben Kopenhagen zum Freundschaftsspiel gegen 18 antraten und wenn unser Bernhard Petersen seinen "obligatorischen" Blumenstrauß vor Spielbeginn überreichte und wenn dann der "gestiftete neue Ball" angestoßen wurde. Wer hat wohl die großen Lokalkämpfe 18 gegen Frisia (damals spielten noch Hugo Starken, Otto "Ocke" Langholz und "Jüchche" bei Frisia) vergessen? Da ging es immer hart zur Sache.
Husumer Fußballfeste!
Denn ging dat los, "hüt speelt Achtein". Mein Freund Heinrich "Heine" Speck und ich waren unzertrennliche Fußballfreunde, als Jugendspieler bei Werner Rüsbült und als "Fans", wenn die Liga spielte. Sonntagnachmittag rannten wir dann "von Röms över de Lämmerfenn (affkörten över de Fenn von Carsten Knip bet an de Au, manchmol keem denn de Buar Schwerdt mit de Pietsch achter uns), denn över de Plon no dee Süderstraat bet Handwerkerhus". Hier wollten wir dann natürlich sehen, wie die "Großen" (die sich hier umzogen und im Dreß zum Platz fuhren) in den neuen roten Grunertbus "Zur grauen Stadt am Meer" einstiegen und wollten die lustigen Sprüche von Fritz Grunert hören, der in seiner "platt-/hochdeutschen" Art den Spielern aufmunternd zurief. Und wir, das war immer so ein ganzer "Schwarm", zitterten vor Erregung und Erwartung wohl mehr, wie der Bus, der da im Standgas vor dem Fahrradladen von Lüttgens "dieselte". Bevor er dann abfuhr, rannten wir dann weiter, "dör de Süderstraat, de Mönkewech rop, dör de Osterenn henn nat 18-Platz".
Wir waren so schnell, daß wir meistens schon wieder vor dem Bus da waren. Dann konnten wir "sie" nämlich auch wieder beim Aussteigen bewundern, und wir hörten dann nochmals lustige Sprüche von Fritz Grunert.
Dann wurden unsere "Helden" beim Warmhüpfen und ersten Ballberührungen bewundert, und "denn wor no gau bi Wilhelm Olroht een Tut Studentenfutter köft" (Wilhelm Olroht hatte am Bahnhof, damals stand dort ein Haus, einen Süßwaren- und Obsthandel und zog jeden Sonntag seinen vierrädrigen Karren mit Obst und Süßwaren vom Bahnhof bis zum Marienhofweg, und wenn es mal regnete, nun dann kam eine graue Zeltplane über "Abbeln und Plumm").
Joa, und denn kunn dat losgaan, achter dar Gegnertor, und denn "Achtein vor, noch ein Tor!"
Ich erinnere mich an die prachtvollen Mannschaften mit all den alten Kämpen noch sehr genau. Nacheinander spielten damals z.B. im Tor: Emil "Esche" Sönnichsen - Reichert - Peter ("Peter Schmied") Clausen (Osterende) - August "Audi" Nachtigall - Ernst Gosch und Oswald Reese (Reserve) - Hermann "Thesi" Petersen und später Hugo Starken.
Verteidiger und Läufer waren: Johannes "Hans" Rademacher - Werner "Fritz" Lorenzen - Ernst "Mauschi" Mißfeldt - Karl "Kalli" Krieger - Karl "Kalli" Schladetzky - Glaser Hans-Theodor Johannsen - Werner Rusbült - Otto "Ocke" Langholz - Hans Bostedt - Wilhelm Eckholdt - Bernhard Nissen - Alfred "Eie" Wolf - Felix Nowack und der unverwüstliche unvergessene Martin "Martin P" Petersen.
Und die Stürmer: Bruno Christiansen - Johannes "Hanni" Nielsen - Ferdinand Petersen - Hans "Hansi" Schöning - Wilhelm "Tank" Büchel - Heinz "Heine P" Petersen - Otto "Oddy" Knüppel und Otto "Otti" Degenkolbe - Herbert Stadelmeyer - Herbert Seidemann - Herbert Kolbe - Herbert Linnau und später der so begabte Hans "Hansi" Storjohann aus Bredstedt - alles "Bomben-Spieler."
Wer erinnert sich nicht an den bienenfleißigen "Martin P", der mehr lag als stand, der so klein war, aber doch jeden Kopfball hatte, der am Gegner klebte und dieselben schier zur Verzweiflung brachte, der unter seinem Wuschelkopf einen Schädel aus Eisen zu haben schien. Oder an Wilhelm "Tank" Büchel mit seinem südlichen Ausdruck und den weißen Biesen an der blauen Sporthose. Oder an unseren Trainer Werner Rusbült, der so genau und präzise abspielte. Oder "Heine P" mit seinen grandiosen Flankenläufen und butterweichen Flugbällen, wenn es "lief". Und an seine wegwerfenden Armbewegungen zu den Zuschauern, wenn der Ball nicht zu ihm kam, so ungefähr einen halben Meter vor dem Fuß. Und wenn er dann zu den Zuschauern sagte (die rechts der Tribüne standen), "hier mut de Ball doch her, ik bin doch ganz fri, och go doch wech, de kiken doch ne". Um dann, nach einer nochmaligen wegwerfenden Armbewegung erneut loszurennen, um es diesmal zu zeigen, wenn der Ball erneut nach rechts kam. Wenn es dann wieder nicht klappte, "och, de lotten mi doch hüt hier verhungern, go doch wech!" Oder da waren die vier Arbeitsdienstler, Herbert Linnau - Herbert Kolbe - Herbert Stadelmeyer und Herbert Seidemann, der oft Tore am Fließband schoß. Sie spielten für 18 alle mit letztem Einsatz und Elan, und sie alle waren dadurch für uns Jugendspieler echte Vorbilder.
Wir fieberten mit ihnen, sie begeisterten uns. Nie vergesse ich, wie in den späten 30er Jahren das Schlußdreieck Hermann "Thesi" Petersen - Wilhelm Eckholdt und Bernhard Nissen seine Strafraum "reinfegte". In jenen Tagen stand einmal im Kieler Kurier nach einem 18er Auswärtsspiel zu lesen: "Nissen/Eckholdt von Husum 18 sind mittlerweile in der Schleswig-Holsteinischen Bezirksliga als das beste Verteidigerpaar anzusehen, und von allen Gegnern gefürchtet." Hierzu muß ich einflechten daß mein Freund Heinrich "Heine" Speck und ich uns über Jahre hinweg von jedem Spiel der Ligamannschaft Resultate, Spielberichte und Bilder aus allen zu ergatternden Zeitungen ausschnitten und mit Zwischen- und Abschlußtabellen fein säuberlich, in extra hierfür gekaufte Hefte einklebten. Jeder für sich natürlich. Ich habe dieses "Berichtsheft über 18" während des ganzen Krieges bei mir gehabt und sehr oft darin gelesen. Leider ist es mir doch noch 1944 verloren gegangen und liegt irgendwo in einem nordnorwegischen Fjord, und damit auch viele schöne Erinnerungsbilder, mit denen ich diese Aufzeichnungen gerne aufgelockert hätte.
Ja, es waren schon begeisternde Fußballzeiten damals auf dem schönen "Tribünen-Sportplatz Marienhof". Welcher Verein hatte damals schon so eine feine gepflegte Platzanlage. Und wenn ich an die Tribüne denke, dann fallen mir auch gleich wieder all die alten Stammbesucher ein, die dazu gehörten wie der Ball zum Spiel. Es ist nicht möglich alle aufzuzählen, viele kannte man eben, ohne ihre Namen zu wissen oder zu behalten. Aber ein paar kann man nicht übergehen, sie gehörten mit ihren Originalitäten dazu wie das Salz zur Suppe, sie würzten das sonntägliche Fluidum auf dem 18-Platz, und man kannte sie wie z.B. Heine P oder Martin P.
Da waren Ludwig "Luden" Schmüser, Max Struve oder "Püttjer" Hansen, Waldemar Lange und Bäckermeister Bruhn, Bäcker Schüler oder Zeitungsmann Ludwig Thoms, der alte Bostedt, Hans Bischoff oder der schalkhafte Max Herrmann, alle immer zu einem Spaß aufgelegt oder - um Heine P richtig "scharfzumachen", daß er so richtig in Fahrt kam.
Oh, wir Jungs hatten für all diese humorvollen "Nebensächlichkeiten" ein feines Ohr, dabei war alles so urgemütlich, trotz spannender Spiele. Zwischendurch ärgerten wir dann - meistens, wenn unsere Liga in Rückstand lag - in der Halbzeit den alten "Strohmeier" (oder hett he so ähnli heten). Er war damals schon ein alter Mann, er stand grundsätzlich rechts der Tribüne mit "Klubben an de Föt und wiite Strümp an". Er spielte immer so mit, daß man am Spielschluß hätte meinen können, hier wäre eine Wühlmaus am Wirken gewesen, solche Löcher zeichneten seinen Stammplatz aus, weil er bei jedem vermeintlichen Torschuß mitschoß. Nun, wenn 18 in Rückstand lag, "denn ging dat los, henn no Opa Strohmeier, 'Achtein verleert, Achtein verleert!'". Aber gleich einen gehörigen Sicherheitsabstand zwischen ihm und uns, denn er war schnell - und wie schnell. "Achtein verleert, Achtein!" Wir wünschten es ja selber am wenigsten, aber er sah dann wohl von unseren Vereinsfarben blau-weiß-rot nur die letzte. "Und denn schmet he de Klubben achter sick, und denn achter uns. Denn gingen so tein bet twinti Jungs op de Loop, denn wehe, wenn he een bi de Büx kreech (einmal erwischte er Kurt Fentzahn), de kreech dann von wegen 'Achtein verleert'!"
Ja, das waren Originale, die es immer und überall gibt. Es waren von uns keine Bösartigkeiten, sollten wenigstens keine sein. Es gehörte eben dazu. Später habe ich oft über diesen alten Mann nachgedacht, wie hat er 18 wohl geliebt?
So verbrachten wir unsere Sonntage, morgen spielten wir begeistert selber, und nachmittags gingen wir zu unserer Liga. Dort fanden wir Spaß, Unterhaltung, Begeisterung, Vorbilder und Ideale. Ja, und wenn unsere Liga dann mal auswärts spielte, dann "ging dat ins Central-Theater, und wenn wi denn keen twinti / dörti Penn harrn", dann hatte sicher einer eine alte Münze, die sammelte nämlich der alte Kinobesitzer Langefeldt. "Un sien Fru", die gerade Rahmstangen und Gummibärchen verkaufte, "keek jüs ne" (sie durfte von diesem Kuhhandel natürlich nichts wissen). Dann ließ er uns schnell rein, "ower ers, wenn dat schon düster wär." "Manchmal ower wul he ock nich so richti", entweder sagte ihm die angebotene Münze nicht zu, oder - und das war meistens der Grund - "he harr Angst för de Olsch, de harr jüs öwer de Brill kegen." Dann legte eben ein anderer aus, und denn ging das rein zu Pat und Paterchon oder Tom Mix mit Günther (Didi) Herrmann oder so ner Clique. Anschließend spendierte Günther uns dann immer, wie auch oft nach dem Training (immer so fünf, sechs Jungs) bei Cafe Hoyer "in de Norderstraad" einen Eis-Früchtebecher. Ja, seine Mutter hatte ihm extra Geld dafür gegeben, denn Taschengeld hatten wohl die wenigsten von uns.
Ja, und dann Sonntagabends so "Klock söben", wenn die Liga in Kiel, Schleswig, Eckernförde oder sonstwo auswärts gespielt hatte, dann fieberten mein Heinrich und ich natürlich wieder dem Ergebnis entgegen. Und es war bei Auswärtsspielen der Liga immer wieder dasselbe Karussell. Wir mußten das Ergebnis wissen! "Denn ging dat wer op de Loop, henn not Handwerkerhaus". Und hier begann dann jedesmal dasselbe Knobeln: "Wer geit rin? Ick ne, du!" Und der Ventilator über dem Eingang summte dazu, und trug uns die Teepunsch- und Grogschwaden unter die Nasen. Dann wurde hin und her geknobelt, solange bis es mich zum Schluß dann doch traf, und Heine hat eigentlich nie gemogelt. "Also rin, nomul deep Luft holn, und denn rin, gliek schnurstraks no de Theke, dor stunn denn Markus mit sin Käthe un mokten Teepunsch und Beer torecht."
An seiner Mine konnte man fast schon das Ergebnis ablesen, "denn keck he runner, ick wär je man lütt" (Markus, unser Vereinswirt, kannte uns schon, er wußte genau, was wir wollten). "Watt schass du?" "Wi hett Achtein speelt?" "Twe Null gewunn, min Jung." Oder aber, wenn es andersrum war: "Wi hett Achtein speelt?" kam meistens "Twe Null verlorn, und jetzt ruut!" "Un gau wer man wer buten. Heine wull dat denn ers ni glöben", aber er merkte mir dann bald die "niederschmetternde" Auskunft an. Dann wurde der Rückweg nach Röms sehr, sehr lang, wir litten dann tüchtig mit. War es aber ein Unentschieden oder gar ein Sieg, dann ach war die Welt so schön und alles in Ordnung.
Ja, so verliefen für uns die 30er Jahre, wir selber, alle die jungen Leute, die ich aufzählte, spielten begeistert für unseren HFV 18, und die Stunden, die ich auf dem Marienhofplatz zugebracht habe, ob als Jugendspieler oder als junge Anhänger, waren so, daß ich diese Zeit in besonders guter Erinnerung behalten habe, so wird es vielen jetzt Älteren ergangen sein.
Dann kam dieser unbarmherzige und gnadenlose Krieg! Mit den Jahren, den Jahrgängen entsprechend, wurde einer nach dem anderen Soldat. Wir verloren uns aus den Augen, verloren auch so ziemlich den Kontakt zueinander und mußten dann leider (Mutter schrieb es dann), immer wieder lesen, daß der und der, und ach, so viele ehemalige Freunde und 18-Kameraden ihr blutjunges Leben gegeben hatten. Das waren immer furchtbar traurige Nachrichten, am härtesten traf mich dann die Nachricht, daß auch mein Freund Heinrich "Heine" Speck gefallen war. Ich habe es nie richtig überwunden. Was hatten wir für Gemeinsamkeiten, was haben wir zusammen trainiert, gebolzt und gelacht, mit welchem Eifer und tiefem Ernst schauten wir zum Trainer Werner Rusbült auf, wie studierten wir Fußballberichte und Sportzeitungen. Nun war alles vorbei ... (Wird fortgesetzt.) |