Bald geht's wieder hoch her!
Für die Jugendspiele dauert die Sommerpause zwar noch bis in den halben August. Die Senioren aber haben sich schon wieder in Staub und Asche, in selteneren Fällen auf den grünen Rasen, begeben. Und bald geht's wieder hoch um die Punkte her.
Nun sind die Punkte im Grunde genommen nichts. Sie haben, mathematisch gesprochen, keine Ausdehnung, geschweige denn, daß sie einen Körper, eine Sache, ein irgendwelches "Etwas" bedeuten.
Sie haben nur sinnbildlichen Wert für die Siege, die eine Mannschaft erringt. Nun gehören Siege natürlich zum Sport. Erster sein, Bester werden, in vorderster Front wenigstens liegen oder stehen - das möchten alle Sportler liebend gern.
Doch leider: So viel Platz gibt es weder vorne noch oben, als daß alle Sportler zu "Spitzenreitern" werden könnten. Eine Spitze ist eben nur eine Spitze. Kein Platz also für viele auf ihr! Und keine Macht der Welt erzwingt, daß alle Sportler oder Sportmannschaften Spitzenreiter, Rundensieger und am Ende Meister werden. Keine Macht!
18 Bundesligamannschaften werden um die Deutsche Fußball-Meisterschaft spielen. In den Regionalligen wird man um den Aufstieg zur Bundesliga kämpfen. Und in den verschiedenen Klassen darunter werden rund 15.000 deutsche Fußballvereine um Sieg, Meisterschaft, um Aufstieg spielen und ringen.
Ähnlich wird es bei den Schüler- und Jugendmannschaften sein. Auch von ihnen will jede wenigstens Kreis- oder Bezirksmeister werden. Jede will "Klassenerste", Beste ihrer Staffel sein. Alle wollen gewinnen und die Nase vorn haben.
Aber: das wird nicht gelingen! Keine Macht der Welt kann dies erzwingen. Weder die teuersten Einkäufe der Bundesligavereine noch die höchstbezahlten Trainer sind für Meisterschaften eine Garantie. Auch bei der Jugend ist das so.
In jeder Staffel wird am Ende nur einer "oben" sein, nicht zwei, drei oder sieben. Keine Maus beißt einen Faden daran ab. Es ist Naturgesetz. Und es war deshalb am Ende nicht etwa der Trainer, der versagt hat. Es war auch selten die Mannschaft, die nicht ihr Bestes gab. Es war einfach Naturgesetz, daß nur einer übrigblieb.
Viele denken da kurzsichtig. Viele Vereinsvorstände, Mitglieder und Zuschauer meinen, "das müsse doch zu schaffen sein." Sie meinen, der Sieg sei zu organisieren, er könne einfach "gemacht" werden, und man müsse eben nur klug und genügend energisch vorgehen.
Nein, zu "machen" ist da wenig. Überall versucht man es nämlich, aber immer bleibt nur einer als Bester, wenigstens als Sieger übrig, denn gelegentlich ist es ja auch ein bißchen Pech oder Glück, das seine Hand mit im Spiele hat.
Meistens war oder ist es also falsch, den Trainer als Sündenbock "in die Wüste zu schicken". Es war und ist im Allgemeinen auch falsch, über den Vorstand, den Sturm oder die Hintermannschaft zu schimpfen, wenn wieder einmal die Meisterschaft nicht gewonnen wurde.
Überall nämlich, in allen Vereinen also, ist man mit großer Liebe und Leidenschaft an der Sache. Wo sich aber viele mehr oder minder doch gleich Leistungsstarke (oder Leistungsschwache) um die Meisterschaft streiten, da müssen von 16 Mannschaften einer Staffel immer 15 hinter dem Sieger landen. Eine davon, die 16. Elf muß sogar die Schlußlaterne tragen und unter Umständen in den sauren Apfel des Abstiegs beißen. Niemand ändert das.
Die alljährlich tausend- und abertausendfachen Enttäuschungen von Spielern und Mannschaften sind also unvermeidlich. Das heißt: Man könnte sie teilweise vermeiden, wenigstens aber verkleinern, wenn man sich vorher genügend klarmachen würde, daß man vor allem im Fußballspiel nicht nebeneinander, sondern nur hintereinander ins Ziel ankommen kann! ...
Vieles wäre ja auch schon gut, wenn man seinen Sport von vornherein weniger auf das "Traumideal" Meisterschaft ausrichten würde. Wer stattdessen Sport mehr aus Gründen der Leibesübungen treibt, wer also vor allem seine Kräfte und Fähigkeiten erproben und verbessern will, wird weniger enttäuscht werden, wenn Staffelsieg und Aufstieg mißlingen.
Gewiß: Man darf schon ein bißchen von ihnen träumen. Aber man darf sein Heil nicht auf die Spitzenposition stellen! Man sollte dafür mehr die Spiele selber im Auge haben, weniger aber ihre Ergebnisse. Jedes Spiel bringt nämlich Gewinn, auch wenn's verlorengeht. Gewinn, z.B. an Kraft, Schnelligkeit und Ausdauer. Man lernt schließlich auch taktisch etwas dazu. Und die geistigen Fortschritte z.B. in Mut, Zähigkeit, Spielschlauheit und so weiter sind auch beachtlich!
Kurz formuliert: Die Leibesübungen sind im Sport wichtiger als die Ergebnisse! Spiel und Sport bringen immer großen Gewinn, auch wenn viele Spiele verlorengehen. Sie bringen dann zwar nicht den Mannschaftsgewinn des Endsieges. Aber: Sie bringen die Einzelgewinne an persönlichem Fortschritt in der körperlichen, seelischen und auch der geistigen Kraft. Sie schulen auch Härte, Zähigkeit und Geduld.
Also: Zwar hoch hinaus wollen. Aber: Dies Höherstreben nicht nur äußerlich verstehen! Das Wichtigste am Sport ist, daß man ihn überhaupt treibt, nicht daß man immer gewinnt oder gar Meister und Aufsteiger wird. Das "Traumziel" darf man zwar im Auge behalten, denn es ist ja auch ein lockender Anreiz. Besonders im Sport aber gilt das Wort, daß der Weg noch wichtiger als das Ziel ist. Das aber heißt:
Die zahlreichen Spiele in der neuen Spielzeit sollen uns Freude auch dann machen, wenn wir wieder und oft "zweiter Sieger" werden. Der Sport schenkt nämlich auch seinen Verlierern große Vorteile, selbst den Schlußlichtern. Der Hauptgewinn heißt: Ein tüchtiger, lebensstarker und zäher Junge zu werden. Das aber kann man im kleinsten Verein, in jedem Dorf und selbst in jenen Mannschaften, die im Spieljahr 1967 Schlußlichter werden müssen.
Mit Mut und Schwung also "hinein" ins neue Spieljahr. Mag es Sieg oder Niederlage bringen: Es soll uns als aufrechte Sportler sehen, die im Sieg "auf dem Teppich bleiben" und die nicht aufstecken, wenn es abwärts geht. "Die Teilnahme ist wichtiger als der Sieg" - dies olympische Wort sei Leitspruch auch der Fußballjungs! |