In meinem Fortsetzungsbericht sprach ich mal die jungen Mitglieder an, wie schwer es doch ist, die turbulenten, trostlosen und teilweise auch lustigen Nachkriegszeiten zu schildern. Diese Geschichte soll nun von einer lustigen Begebenheit erzählen.
Die älteren Mitglieder und Sportfreunde werden sich noch gut erinnern, da gab es damals im alten gemütlichen Husum das Altdeutsche Haus, der Besitzer und Wirt war Waldemar Lange senior, später zu unserer Zeit war dann Sohn "Ule" der humorvolle Wirt. Beide, soviel ich weiß, begeisterte Fußballanhänger. Wie ich nun vor kurzem mal in alten Vereinsnachrichten blätterte, las ich unter November-Geburtstagskinder "Waldemar Lange 72 Jahre". Ich erinnerte mich ich an "Ule" und all die lustigen Stunden, die wir alten 18er bei ihm verbrachten. Diese Geschichte ist nun wirklich kein "Düntje", hat sich also tatsächlich so zugetragen.
Es war im trostlosen Sommer 1946, es gab nichts, aber auch gar nichts. Viele von uns Ib- und Reserve-Spielern waren arbeitslos, mußten sehen, wie wir uns durchschlugen und die Zeit herumbrachten. Es war die große Zeit vom "Siedlerstolz" (jeder baute sich seinen Tabak selber an und jeder hatte sein eigenes Rezept, denselben pfeifengerecht schmackhaft zu machen). Es gab "Spezialisten", die einen vorzüglichen "Rüben- oder Zuckerschnaps" brannten. Wir gingen zum Torfstechen und Stubbenroden. Aber wie oft mußten wir die Zeit "totschlagen", dann trafen wir uns beim "18er Kasten" an den Husumer Nachrichten, es wurde über das letzte Spiel diskutiert oder über das kommende, denn Fußball war damals schon "die schönste Nebensächlichkeit" der Welt - oder vielleicht "damals" erst recht, na, und anschließlich ging "dat röwwer na Ule". Hier droschen wir dann stundenlang Skat, "schmauchten" unseren "Siedlerstolz" (denn wer hatte schon "Aktive", das waren damals echte Zigaretten) und "Ule" kredenzte uns dann mit Witz, Schalk und Humor das damalige "nullprozentige" Dünnbier: ein Schluck = zweimal laufen. Alles, aber auch alles war damals Ersatz, war Verlegenheit und Ironie, nur eines, das ist sicher vielen, so wie mir, erst später richtig bewußt geworden: der Spaß, der Humor, der war so echt und so nachhaltig - sicher, weil er uns als eine "Notgemeinschaft" über Wasser hielt. Das Schlechte hat man vergessen oder verdrängt, der Spaß aber und der Humor, die haben sich bis heute erhalten und sei es nur in Erinnerungen.
So saßen wir also wieder mal fröhlich zusammen an jenem besagten Nachmittag, spielten unseren Skat und tranken dazu das besagte Dünnbier. Wi wärn lusti, Ule wär sposi un mokte mol wär sin Tööch; bums ginn dee Dör op, un twe Burn kemen rin. Wi harrn son Stimmung, dat man meenen kunn, dat wi schon bannig veel Promill harrn, owwer dat geef dat je domuls gornich. Sie setzten sich dann an den Nebentisch und bestellten sich auch zwei Helle; wie es nun der Zufall wollte, hat einer von uns "Achtteiner" dann wieder mal gerufen: "Ule, schenk mi man no mul een in" (aber mit dem ironisch-lustigen Zusatz, womit man damals immer wieder auf die trostlose Zeit hinwies) "owwer een mit een 'Lütten' dorbi!"
Und hier begann nun der Spaß. Die beiden Bauern spitzten wohl die Ohren, sie hatten da doch eben etwas von "een Lütten dorbi" gehört, und wir merkten, daß ihre Ohren immer spitzer wurden, und so kam es, daß wir nun immer, einer nach dem anderen diesen Zusatz: "Owwer giff mi ok een 'Lütten' dorbi" riefen!
Natürlich gab es damals keinen Korn, ebenso wenig wie ein gutes Bier, nun, es dauerte nicht lange, riefen die beiden unsern guten "Ule" an den Tisch und wir merkten, daß sie mit ihm tuschelten und flüsterten.
"Ule" kem denn an unse Disch, kniff dann mit den Augen sein bekanntes "Ule-Zwinkern" und er flüsterte uns dann zu: "Man Lüüd, war sall ick blots moken, nu wöt dee beiden ock, 'een Lütte een dorbi' hemm, ick heff seggt, ick geet emm imma glick int Beer rin, weil ich de 'Brammi' je öffentli ne wisen dörf, und dat Beer mit'n Schuß kost denn fofdi Peen mehr, un de glöwen dat ock na!"
Und so ist es dann geschehen, die beiden waren tatsächlich der Meinung sie würden ein Bier mit einem Korn darin kriegen, und so tranken sie denn recht genießerisch etliche Gläser von "dieser Sorte".
Wir 18er konnten das Lachen kaum verbeißen, na und "Ule" blieb ernst wie ein Pastor.
Ganz vergnüglich verabschiedeten sie sich dann, denn so gut waren sie wohl lange nicht mehr bedient worden, und ganz glücklich sagten sie dann "Tschüüss" zu uns.
"Ule" ging dann schnell an das kleine Erkerfenster, von wo aus man dann in östlicher Richtung die ganze Großstraße bis zur Norderstraße überblicken konnte, er wollte sehen, wo sie abblieben. Lachend und prustend fragte einer von uns: "Ule, wiss du kiken, wo se affbliwen?" "Nee, nee", seggt Ule, "se wärn sach vun Simosbarch, denn se weihten de Twiet runner, ick wull blots mol kiken, ob se ack 'wakkeln', denn Einbildung isch ja lles. Ick musse se je blots för jedes Glas Beer föfdi Penn mehr affnehm, ower dor kop se will ock öwer wech, hoffentli flöch mi keener vun de beiden in dee Grow!"
Oh, wat harrn wi immer förn Spooss domuls bi "Ule"! |